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Die persönliche Haltung zu Menschen und damit auch der individuelle Führungsstil werden
durch unterschiedliche Erfahrungen und Faktoren geprägt. Das können z.B. Erfahrungen in der Familie sowie mit Vorbildern z.B. eigenen Vorgesetzten sein „Meine Chefin ist mein Vorbild, sie
vertraut mir und schafft motivierende Rahmenbedingungen“ oder „So wie der X mit seiner Detailverliebtheit will ich nie werden und das mache ich anders“.
Darüber hinaus fördert die jeweilige Unternehmenskultur den expliziten (und meist impliziten) Rahmen für das, was als erfolgreiches Führungsverhalten gesehen wird und damit gewollt ist: der durchsetzungsfähige dominante (oft männliche) Entscheider oder der empathische, viel Freiraum lassende Entwickler, um nur zwei zu nennen. Wer in der jeweiligen Kultur bestehen will, muss bestimmte Eigenschaften nach außen zeigen und sich konform verhalten, um als erfolgreich zu gelten und dazuzugehören.
Dabei können Unternehmen ihre Kultur und Sichtweisen auf das, was erfolgreiche Führung ist verändern, so dass in einer bisherigen Unternehmenskultur sozialisierte Führungskräfte dann ins Abseits geraten können, weil die alten Parameter nicht mehr gelten.
Dabei geraten Unternehmen dann auch in die Übertreibung des Gegenteils. Es wird auf einmal nur noch der Typ gesucht und besetzt, der den "neuen" Anforderungen und dem neuen Bild von Führung entspricht. Auch wenn Diversität gepredigt wird, finden wir in der Realität dann wiederum viel zu viele "gleiche" oder ähnliche Führungskräfte.
Es gibt unterschiedliche Persönlichkeitsmodelle und Konzepte, die es sich lohnt anzusehen, um sein eigenes Verhalten zu verstehen und im Sinne von Positive Leadership weiterzuentwickeln.
Das Riemann – Thomann-Modell ist z.B. ein Beziehungsmodell, das zu den vier Ausprägungen Wechsel und Dauer sowie Nähe und Distanz Aufschluss über die eigenen Präferenzen gibt.
Die Transaktionsanalyse bietet neben vielen Konzepten z.B. mit dem Konzept der Antreiber eine gute Möglichkeit, sein Führungsverhalten zu reflektieren:
- Wie reagiere ich unter Belastung und in schwierigen Situationen?
- Welche Automatismen gibt es und was passiert mir immer wieder?
- Wie wirkt sich dies darauf aus, wie ich wahrgenommen werde?
- Wie beeinflusst dieses Verhalten mein Team und meinen Führungsstil?
- Aber auch: welche Stärken und Ressourcen kann ich bewusst aus meinem Antreiber-Verhalten ableiten und woran möchte ich arbeiten.
Der amerikanische Psychologe und Kommunikationsberater Taibi Kahler entwickelte
- inspiriert durch den Begründer der Transaktionsanalyse Eric Berne - die 5 Antreiber, von denen ein oder mehrere in jedem Menschen angelegt sind. Sie wurden in der Kindheit durch ein Zusammenwirken meist elterlicher und familiärer Einflüsse entwickelt.
Dieses Antreiber-Verhalten ist uns oft nicht bewusst und ist mit spezifischen Verhaltensweisen verbunden, die sich in schwierigen Situationen und unter Stress zeigen und sich auf unsere Problemlösungsstrategien, unsere Kommunikation und unseren Führungsstil auswirken.
Die 5 Antreiber und ihre Auswirkungen auf das Führungsverhalten unter Belastung:
Antreiber |
kritischer Kommunikations- und Führungsstil unter Stress |
Beeil Dich! |
|
Sei perfekt |
|
Streng Dich an! |
|
Sei gefällig |
|
Sei stark |
|
Quelle: Kathrin Rehbein entwickelt nach Taibi Kahler
Aus vorgenannter Darstellung wird bereits deutlich, worin die Entwicklungschancen im jeweiligen Führungsverhalten liegen. Nun treten nicht immer alle Merkmale gleichzeitig auf und die Kombination der eigenen Antreiber und deren Ausprägung, sowie die Bewusstheit für diese haben ebenfalls Einfluss auf das unter Stress gezeigte Führungsverhalten und die damit einhergehenden Automatismen.
Die folgende Übersicht dient insofern als Impuls für mögliche Entwicklungsrichtungen im Führungsverhalten und eine Entwicklung hin zu transformationaler Führung und Positive Leadership:
Antreiber |
Entwicklungschancen im Führungsverhalten |
Auswirkungen auf Mitarbeiter und Arbeitsbereich |
Beeil Dich |
|
|
Sei Perfekt |
|
|
Streng Dich an |
|
|
Sei gefällig |
|
|
Sei stark |
|
|
Quelle: Kathrin Rehbein entwickelt nach Taibi Kahler
Vorgenannte Aufstellung lässt sich vielfältig erweitern. Und es scheint auf den ersten Blick sehr einfach, jemandem mit Streng-Dich-An-Antreiber zu sagen „Sei mal locker“ und jemandem mit Sei-Perfekt-Antreiber „Nun lass doch mal Fünfe gerade sein“. Denn wir haben diese Verhaltensmuster verinnerlicht und sie laufen unter Stress automatisch ab. Durch eine Weiterbildung in Transaktionsanalyse, durch Coaching und Supervision kann die Führungskraft Bewusstheit entwickeln und kleine oder größere Schritte ausprobieren.
Letztlich beinhaltet das jeweilige Antreiber-Verhalten auch Ressourcen, die ich unbedingt erwähnen möchte:
Führungskräfte mit Beeil-Dich-Antreiber liefern schnell meist gute Ergebnisse und sind in der Lage, auch an mehreren Themen gleichzeitig zu arbeiten und viele Bälle in der Luft zu halten. Sie sind sehr belastbar und verfügen über eine schnelle Auffassungsgabe.
Der Sei-Perfekt-Antreiber beinhaltet i.d.R. eine hohe Leistungsorientierung, die ausgeprägte Gewissenhaftigkeit und gute Planungsqualität mit
sich bringt. Auch der Blick für Details, der in einigen Aufgabengebieten essentiell ist, ist eine Ressource.
Führungskräfte mit einem Sei-gefällig-Antreiber verfügen über hohe Empathie und können sich gut in Andere einfühlen. Sie haben ein Gespür für
Stimmungen und Dynamiken in einem Team. Sie streben nach Bindung und Anerkennung und schaffen es, wenn sie an ihren Automatismen unter Stress arbeiten und sich Konflikten stellen, eine gute
Teamatmosphäre und im Team hohe Identifikation für- und untereinander herzustellen.
Der Streng Dich An-Antreiber bringt die Ressourcen Begeisterungsfähigkeit auch für Neues, hohes Engagement und Anstrengungsbereitschaft mit
sich. Dahinter steht letztlich ein hoher Anspruch an die eigene Leistung und Kompetenz. Wenn Leichtigkeit, Spaß und Selbstfürsorge erlernt und im Wirkungskreis gelebt werden, kann dies ein
Team sehr beflügeln und in Richtung Hochleistungsteam ausrichten.
Der Sei stark-Antreiber beinhaltet hohes Durchhaltevermögen und Belastbarkeit, gepaart mit einer konstruktiven Lösungsorientierung. Diese Führungskräfte geben ihrem Team in Krisensituationen gute Orientierung, da sie sich aufgrund ihres Bedürfnisses nach Autonomie und Selbstbestimmung nach einem eigenen inneren Kompass ausrichten und das Selbstbewusstsein haben, diese Richtung einzuschlagen.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass sich aus dem Modell der inneren Antreiber Ressourcen und Entwicklungsrichtungen für Mitarbeiter*innen und Führungskräfte ableiten lassen, die insbesondere in Zeiten des schnellen Wandels und dem Wunsch nach mehr Agilität, Innovation und einem lösungsorientierten Umgang mit aktuellen Krisen eine Orientierung für Führungskräfte-Entwicklung und Persönlichkeitsentwicklung bieten. Vor Schubladen-Denken warne ich ausdrücklich, denn die einzelnen Ausprägungen und Entwicklungen sind sehr unterschiedlich.
Für Arbeits- und Projektteams lassen sich Erkenntnisse gewinnen, denn wenn ich z.B. möglichst hohe Qualitätsergebnisse relativ zügig brauche, kann es sinnvoll sein, je nach Thema, die Teams entsprechend zusammenzusetzen.
Nun fallen Menschen und auch Führungskräfte nicht fertig vom Himmel, sondern entwickeln sich. Insofern empfehle ich, sich mit den (eigenen) Potentialen und Ressourcen zu beschäftigen und in Form von Persönlichkeitsentwicklung zu fördern.
Sie wollen mehr über das Konzept der Antreiber erfahren oder sich mit Ihren eigenen Antreibern konstruktiv auseinandersetzen und sich als Führungspersönlichkeit weiter entwickeln?
Dann sprechen Sie mich gern für ein Gespräch, ein Coaching oder eine Fortbildung an.
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Elisabeth K. (Samstag, 09 Juli 2022 14:04)
Ein inspirierender Artikel mit guten Anregungen für Selbstentwicklung und Persönlichkeitsentwicklung. Danke.