Erwartungsmanagement als wichtiger Teil des Selbstmarketings und der Karriere ist nicht nur für Führungskräfte wichtig, sondern für alle, die im 360°-Spannungsfeld unterschiedlicher Anforderungen und Erwartungen tätig sind.
Umso erstaunlicher ist es, dass wenige Fach- und Führungskräfte Erwartungsmanagement als Gestaltungsmethode des eigenen Erfolgs und damit auch ihrer Außenwirkung und Balance erkennen und bewusst umsetzen.
Es ist so eine Sache mit den Erwartungen
Egal in welcher Position Du tätig bist, es bestehen Erwartungen an Dich in Deinen unterschiedlichen Rollen.
Einige Erwartungen werden ausgesprochen und ggf. schriftlich fixiert, andere nicht. Einige Erwartungen sind sehr transparent und hängen offensichtlich mit Deinen Rollen zusammen, andere sind verdeckt und intransparent .... und sind dennoch existent.
Erwartungen sind Annahmen eines Handelnden darüber, was ein anderer in einer bestimmten Situation oder Rolle tun würde (antizipatorisch aus der eigenen Perspektive "Was tut man jetzt in dieser Rolle..") und / oder was ein anderer in dieser Rolle und Situation jetzt tun sollte (normativ).
Erwartungen werden auf der Sachebene meist ausgesprochen und klar formuliert, das ist jedoch längst nicht immer der Fall. Auf der psychologischen Ebene bleiben Erwartungen häufiger unausgesprochen und sind damit weniger oft transparent und dennoch vorhanden.
Ein vereinfachtes allgemeines Beispiel:
Von einer Führungskraft wird erwartet, dass sie die Verantwortung in ihrem Bereich übernimmt, Vorbildfunktion für die Mitarbeitenden hat und die Erledigung der Arbeitsinhalte quantitativ und qualitativ sicherstellt. Bereits hierzu gibt es schon viele Fragen, die die Erwartungen konkretisieren.
Gleichzeitig gibt es kontext- und personenabhängig eine Vielzahl von Erwartungen unterschiedlicher Erwartungsträger: Deine Führungskraft versteht unter "Führung" möglicherweise
etwas anderes als Deine Mitarbeitenden, Führung kann in einer bestimmten Unternehmenskultur unausgesprochene bestimmte Erwartungen beinhalten. Die Kundinnen, Lieferanten, Patientinnen,
Kollegen haben ebenfalls Erwartungen an z.B. Qualität, Zugewandtheit, Service, Schnelligkeit, Erreichbarkeit, um nur einiges zu nennen.
Oft gibt es auch Erwartungen, die sich widersprechen und dann zum Dilemma führen können:
- versuchst Du, beides zu erfüllen und stellst fest, das geht gar nicht,
- fokussiere Du Dich auf eines und lässt das andere mitlaufen ?
Auf diese Fragen gibt es keine eindeutigen Antworten!
Warum ist Erwartungsmanagement so wichtig ?
Wenn Du erfolgreich sein, Deine Gestaltungsspielräume nutzen, gesund bleiben und auf Dein Image nach außen selbst Einfluss nehmen willst, ist aktives Erwartungsmanagement wichtig.
Zum einen gilt es, die Erwartungen anderer, die für Dich in Deinen Rollen wichtig sind, zu kennen, damit Du sie erfüllen bzw. entscheiden kannst, welche Du erfüllen willst. Ja richtig, erfüllen willst.
Zum anderen kannst Du erst, wenn Du die wichtigsten Erwartungen kennst, reflektieren, die zur Verfügung stehenden Ressourcen einschätzen, priorisieren und nochmal ins Gespräch gehen und dem Gegenüber, z.B. der Geschäftsleitung, dem Vorstand, Deiner Führungskraft das Ergebnis Deiner Bewertung vorstellen.
Hierbei geht es nicht um ein rebellisches "Das geht alles gar nicht" oder aus einer Opfer-Position "Ich Armer" zu sagen, sondern darum, in einer selbstbewussten Haltung auf Augenhöhe deutlich zu machen, dass mit den vorhandenen Ressourcen möglicherweise das gewünschte Ergebnis nur teilweise und damit nicht jede Erwartung zu 100% erfüllbar ist. Gleichzeitig stellst Du dar, was realistisch möglich ist und / oder was Du brauchst, um die an Dich gestellten Erwartungen zu erfüllen.
Insbesondere bei nebulösen oder von Dir vermuteten Erwartungen ist es wichtig, weiter nachzufragen und mit Deiner Führungskraft in den Dialog zu gehen. Anderenfalls versuchst Du möglicherweise, Erwartungen zu erfüllen, die niemand an Dich gestellt hat.
Wie betreibst Du Erwartungsmanagement ?
Welche Schritte sind erforderlich, um Erwartungs-management zu betreiben:
Zunächst ist eine Selbstreflexion auf Basis Deiner unterschiedlichen Rollen wichtig. Ja, Rollen.
Dazu empfehle ich das 3-Welten-Modell von Bernd Schmid.
In der organisatorischen Welt reflektiere alle Rollen, die Du im Unternehmen gleichzeitig inne hast: z.B. Abteilungsleiterin, Qualitätsbeauftragter,
Ersatzmitglied im Betriebsrat, Projektleiterin, Themenverantwortlicher XY.
An jede dieser Rollen werden Erwartungen gestellt und damit auch an Dich!
In der professionellen Welt reflektiere Deine berufliche Identität aufgrund Deiner Ausbildung, Deiner Kompetenzen und Deines Selbstverständnisses z.B. Betriebswirt, Ärztin, Berater, Coach, Vertriebsspezialist etc. Auch an diese Rollen werden Erwartungen gestellt. Deine Rollen in der privaten Welt sind auch wichtig, das sie Dir zeigen, was Dir wie wichtig ist, welche Werte Du ggf. aus der Privatwelt mit in die organisatorische bringst und auch, wenn es zeitliche Konflikte gibt: wer sich um kleine Kinder oder alte Eltern kümmern muss, ein zeitlich intensives Hobby hat, ein berufsbegleitendes Studium absolviert, braucht vorübergehend oder dauerhaft Zeit dafür.
Der Prozess könnte wie folgt aussehen:
- Erstelle eine Bestandsaufnahme aller Rollen, die Du inne hast
- Erstelle für jede Rolle 360° Erwartungsträger. Wer hat Erwartungen an Dich?
Bewerte die Wichtigkeit der Erwartungsträger für Dich und die jeweilige Rolle. - Sammle die Erwartungen und ordne sie den Erwartungsträgern zu.
- Gibt es vermutete, intransparente oder nicht ausgesprochene Erwartungen?
- Welche zeitlichen, finanziellen, personellen oder anderen Ressourcen stehen Dir zur Verfügung?
- Welche Erwartungen hast Du selbst an Dich in diesen Rollen?
- Was kannst Du realistischerweise mit den vorhandenen Ressourcen
erfüllen bzw. was bräuchtest Du ? - Wie könnte eine Priorisierung aussehen?
- Geh mit den wichtigsten Erwartungsträgern z.B. Deiner Führungskraft ins Gespräch und gehe mit ihr in den Dialog. Bitte um eine gemeinsame Priorisierung, um zusätzliche Ressourcen oder ggf. auch eine andere Aufgabenaufteilung ("wenn ich mich auf A und B voll konzentriere, könnte das Projekt C Frau Meier übernehmen".
In den meisten Fällen gelingt eine gemeinsame Herangehensweise, wenn Deine Führungskraft sieht, dass Du Dir Gedanken gemacht hast und kooperativ ins Gespräch gehst.
Es gibt auch Situationen, in denen dies nicht gelingt. Dann hast Du frühzeitig gehandelt und darauf hingewiesen und solltest in jedem Performance-Gespräch erneut Erwartungsmanagement
betreiben.
Das zeigt, dass Du (Deine) Prioritäten gesetzt hast und darum bemüht bist, auf Basis vorhandener Ressourcen gute Ergebnis zu erzielen.
Was hast Du davon?
Erwartungsmanagement ist zunächst ein Mittel, Dir selbst Klarheit zu verschaffen und den Druck auf Dich durch Spannungsfelder und überzogene Erwartungen zu reduzieren. Nicht im Sinne "Melden macht frei" oder aus einer Opferhaltung heraus, sondern aus einer erwachsenen selbstbewussten Haltung.
Eine Priorisierung hilft Dir, den Überblick zu behalten und gesund zu bleiben:
morgen ist auch noch ein Tag, an dem Du die Welt retten kannst.
Darüber hinaus zeigst Du anderen, dass Du Dir Gedanken machst, Ressourcen und Machbares einschätzen kannst und konstruktiv in den Dialog gehst, um gemeinsam zu agieren. Du zeigst nach außen die Rolle der Gestalterin / des Gestalters, gehst nicht von vornherein in die Anpassung oder in die Opferrolle.
Erwartungsmanagement ist übrigens wichtig in alle Richtungen. Auch Deinem Team gegenüber gilt es, Erwartungsmanagement zu betreiben und Transparenz über Deine Erwartungen zu schaffen:
Erreichbarkeit geht alle an, jeder ist mal mit Spätdienst dran, es können nicht alle den Brückentag nehmen usw.
Und wenn Dein Mitarbeitender auf Dich zukommt und Erwartungsmanagement betreibt, dann freue Dich, denn Du hast einen erwachsenen, vorausschauenden Mitarbeitenden!
Ich bin sicher, Du machst das gut!
Du befindest Dich im Spannungsfeld unterschiedlicher Anforderungen und Erwartungen? Du möchtest gemeinsam drauf schauen, sortieren und klären und Dich neu positionieren?
Dann sprich mich an. Ich unterstütze Dich gern dabei.