Das Buch hat einen Hype auf LinkedIn ausgelöst. Der Autor hat wichtige Kapsel und Passagen selbst kommentiert und fand erwartungsgemäß eine Vielzahl von Followern, die ihm in vielem zugestimmt haben.
Ich selbst halte zunächst mal eine abwartende Distanz, insbesondere wenn Bücher Hype-Titel haben, deren Lektüre den Leser selbstverständlich bei den Guten einsortiert.
Dieses Buch hatte ich bereits vorbestellt und es lag auf meinem Bücherstapel, bevor der LinkedIn-Hype begann. Und inzwischen habe ich es gelesen.
Führung hoch 3
In Janssens Buch wird Führung aus 3 Perspektiven beleuchtet:
- Führung fängt zunächst mit Selbstführung an. Wer nicht in der Lage ist, sich selbst zu führen, dem fällt es in der Regel auch nicht leicht, Authentizität in der Führungsrolle zu zeigen, eigene Emotionen wahrzunehmen und stimmig zu steuern und damit auch, andere zu führen.
- Zur Führung von anderen gibt das Buch konkrete Impulse für eine neue Haltung und Sichtweise auf Führung.
- Dass Führungskräfte in der Regel selbst geführt werden, tritt in den meisten Büchern zu Führung in den Hintergrund. Gerade hierzu bedarf es jedoch Bewusstheit und Einsicht sowie der Bereitschaft, sich führen zu lassen.
Ich selbst habe als Führungskraft in einer konkreten Situation erlebt, wie es ist, wenn sich ein Mitarbeitender partout nicht führen lassen will. Es handelte sich konkret um eine Führungskraft, die mir unterstellt war und in jeder Beziehung eigene Regeln aufgestellt hat. Zuletzt war sie in keiner Weise mehr bereit, sich führen zu lassen.
Das hatte nur auf den zweiten Blick mit persönlicher Chemie zu tun. Die mir unterstellte Führungskraft zeigte starke narzisstische Züge.
In erster Linie geht es um die innere Haltung zum Geführt-werden, das eigene Rollenverständnis, die Distanz zur eigenen Person und eine Portion Demut.
Reflexion und Selbstführung sind die Grundlage
Im ersten Teil des Buches beschreibt Janssen, wie wichtig Bewusstheit für ein neues Verständnis von Führung ist.
Führungskräfte, die ich begleite, sind in der Regel top ausgebildete Akademiker:innen und in ihrem Fachgebiet Experten. Das Thema Selbstführung ist vielen von ihnen jedoch fremd oder sie sind zumindest ungeübt darin.
"Reflexion ist produktiver als Aktion" bedeutet nicht mehr und nicht weniger, dass jeder, der andere führen will, sich zunächst Gedanken über sein Verständnis und seine Absicht von Führung sowie die eigenen Werte machen sollte.
"Sich selbst führen heisst vor allem, sich kennenzulernen" ist eine Kernaussage, die sich durch das Buch zieht und die der Autor mit eigenen Beispielen unterlegt. Ich unterschreibe diese Aussage zu 100%.
Führungskräfte, die ihre Persönlichkeit nur vage kennen und die Wirkung der eigenen Kommunikation und Maßstäbe an andere nur schwer einschätzen können, geraten früher oder später in schwierige Fahrwasser oder wechseln dann, wenn's schwierig wird, das Unternehmen.
Die Bedeutung der Selbst(er)Kenntnis und Selbstführung ist einer der Gründe, warum meine Führungsseminare grundsätzlich auch Persönlichkeitsentwicklung und Selbst-Reflexion beinhalten.
Bewusstheit erlangen
Hohe Komplexität, Arbeitsverdichtung und fortgesetzte Zeiten der Unvorhersehbarkeit machen ein neues Führungsverständnis unabdingbar.
Einzelne können heute nicht mehr alles wissen und sind auf andere angewiesen. Führungskräfte können nicht mehr alles kontrollieren.
Die neuen Währungen sind Vertrauen, Haltung und Beziehungen.
Nichts veraltet so schnell wie fachliche Expertise. Lebenslanges Lernen wird noch wichtiger als bisher.
Teams und Unternehmen, die mit ihren Mitarbeitenden primär an Methoden und Verhalten arbeiten, werden schnell wieder in alte Verhaltensmuster zurückfallen.
Unternehmen und Führungskräfte, die an der Haltung arbeiten, werden mit ihren Mitarbeitenden mittel- und langfristiger erfolgreicher sein als andere.
Die Bedeutung des Vorbild-sein kann gar nicht genug betont werden.
Neue Führung setzt sich primär für das physische, psychische und soziale Wohlbefinden von Menschen ein. Moderne Führungskräfte wollen sich ständig weiter entwickeln.
Dabei fällt mir der Satz "Menschen arbeiten für Menschen und nicht für Unternehmen" ein. Wenn wir diesen beherzigen, gilt es vor allem, sich in der Führungsrolle als Mensch zu zeigen.
Transformation - ins Tun kommen
Nachhaltige Veränderung von Menschen und Unternehmen braucht oft die Krise.
Der Autor führt einen eigenen Tiefpunkt an: eine wiederholt sehr negative Mitarbeiterbefragung mit dem Ergebnis: "wir brauchen einen neuen Chef" hat dazu geführt, dass er sich in Haltung und Verhalten verändern musste (und wollte).
Seine Erkenntnis: in vergleichbaren Situationen helfen nur "Hinschauen statt Wegschauen" und "Annehmen statt Leugnen".
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Demut eine wichtige Eigenschaft guter Führungskräfte ist.
Die Umkehr der Bedeutung von Menschen und Sachen (Zahlen, Daten Fakten, Berichte, Diagramme) ist genauso wichtig wie die Unterscheidung von Führung und Management. Die Erkenntnis, dass wir Dinge managen und Menschen führen scheint beim ersten Hören banal, ist dabei für viele Führungskräfte in ihrer Haltung jedoch wichtig zu erkennen und zu verstehen.
Wer mit Menschen genauso umgeht, wie mit Dingen, muss sich nicht wundern, wenn diese Menschen irgendwann mit den Füssen abstimmen.
Der Transformations-Turbo ist Vertrauen.
Hochleistungsteams erkennt man daran, dass diese sich schnell auf permanent verändernde Rahmenbedingungen einstellen und mit Unsicherheit gut umgehen können. Dies bedarf des Vertrauens in sich selbst, in die Führung und ins Team.
Damit Vertrauen entstehen und wachsen kann, braucht es positive und intakte Beziehungen und Kontakt.
Bodo Janssen zeigt am Beispiel seines Unternehmens (s)einen Weg auf, wie es gelingen kann, positive Rahmenbedingungen zu schaffen und sich aus der Krise zu manövrieren.
Sei gespannt.
Mein Fazit:
Wichtige Erkenntnisse des Buches sind für mich
- ohne gute Selbstführung kann Führung nicht gelingen
- Eine Reflexion aus allen 3 Perspektiven Selbstführung, Führung und Geführt-werden ist wichtig für die Entwicklung zur authentischen Führungskraft.
- Menschen arbeiten für Menschen und nicht für Unternehmen
- In der Krise sind erste Schritte Hinschauen und Akzeptanz
- Zwischen Führung und Management gibt es gravierende Unterschiede.
- Die Erfolge von Führung liegen primär in der Begegnung und im Kontakt.
- Vertrauen ist die Basis für Zusammenarbeit, Produktivität, Performance und gute Leistung.
Ich möchte hier nicht das ganze Buch wiedergeben, sondern kann nur die Empfehlung aussprechen, es selbst zu lesen. Ich wünsche viel Spass bei der Lektüre.
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