Bild: Schulz von Thun Institut für Kommunikation / Schulz von Thun
Das Kommunikationsquadrat ( Schulz von Thun) – 4 Seiten einer Nachricht
Das gute alte Kommunikationsquadrat – für viele vermeintlich Schnee von gestern.
In Coachings erlebe ich hin und wieder, dass das Modell nicht immer bekannt ist.
Da ich in Führungssituationen früher in der Vorbereitung und in Teambesprechungen selbst damit gearbeitet habe, stelle ich es hier noch einmal vor:
Zunächst eine kurze Einführung in das Modell:
Wenn ich als Mensch etwas von mir gebe, bin ich auf vierfache Weise wirksam.
Jede meiner Äußerungen enthält, ob ich will oder nicht, vier Botschaften gleichzeitig:
eine Sachinformation (Thema, Agenda, Zahlen, Daten, Fakten) – blau
einen Appell (was ich bei dem anderen erreichen möchte, was ich erwarte) – rot.
eine Selbstkundgabe (was ich von mir zu erkennen gebe – implizit oder explizit) – grün,
einen Beziehungshinweis (was ich von dir halte und wie ich zu dir stehe) – gelb
Sowohl Sender als auch Empfänger sind für die Qualität der Kommunikation verantwortlich, wobei die unmissverständliche Kommunikation der Idealfall ist und nicht die Regel.
Die vier Ebenen der Kommunikation
Auf der Sachebene des Gesprächs steht die Sachinformation im Vordergrund, hier geht es um
- Daten, Fakten und Sachverhalte.
- wahr oder unwahr (zutreffend/nicht zutreffend)
- relevant oder irrelevant (sind die aufgeführten Sachverhalte für das anstehende Thema von Belang/nicht von Belang?)
- hinlänglich oder unzureichend (sind die angeführten Sachhinweise für das Thema ausreichend, oder muss vieles andere zusätzlich bedacht werden?)
Die Herausforderung für den Sender besteht auf der Sachebene darin, die Sachverhalte klar und verständlich auszudrücken. Der Empfänger kann auf dem Sach-Ohr entsprechend der drei Kriterien reagieren.
Für die Selbstkundgabe gilt:
- Wenn jemand etwas von sich gibt, gibt er auch etwas von sich.
- Jede Äußerung enthält gewollt oder unfreiwillig eine Kostprobe der Persönlichkeit – der Gefühle, Werte, Eigenarten und Bedürfnisse.
- Dies kann explizit („Ich-Botschaft”) oder implizit (Verhalten ) geschehen.
Während der Sender mit dem „Selbstkundgabe-Schnabel“ implizit oder explizit, bewusst oder unbewusst, Informationen über sich Preis gibt, nimmt der Empfänger diese mit dem Selbstkundgabe-Ohr auf: Was ist das für eine(r)? Wie ist er/sie gestimmt? Was ist mit ihm/ihr?
Auf der Beziehungsseite gebe ich zu erkennen, wie ich zum anderen stehe und was ich von ihm halte. Diese Beziehungshinweise können explizit „Ich schätze Dich sehr“ geäußert oder durch Formulierung, Tonfall, Mimik und Gestik implizit vermittelt werden.
Der Empfänger fühlt sich durch die auf dem Beziehungs-Ohr eingehenden Informationen wertgeschätzt oder
abgelehnt, missachtet oder geachtet, respektiert oder gedemütigt.
Die Einflussnahme auf den Empfänger geschieht auf der Appellseite. Wenn jemand das Wort ergreift, möchte er in aller Regel etwas erreichen. Er äußert Wünsche, Appelle, Erwartungen, Ratschläge oder Handlungsanweisungen.
Die Appelle werden offen oder verdeckt ausgesprochen. Mit dem Appell-Ohr fragt sich der Empfänger: Was soll ich jetzt (nicht) machen, denken oder fühlen?
Ich ermuntere Führungskräfte und alle, die ihre Kommunikation bewusster und klarer gestalten und Teamkommunikation verbessern wollen, mit dem Kommunikationsquadrat zu arbeiten.
Einsatzbeispiel 1 in der Vorbereitung auf ein Mitarbeitergespräch / Beurteilungsgespräch
Die Führungskraft bereitet sich mit dem Quadrat auf das Gespräch vor.
Vorbereitung: Dazu braucht es das Quadrat visualisiert an einem Flipchart oder als Notiz auf ein Blatt Papier kopiert,
auf welchem die Führungskraft ihre Gedanken notiert. Dauer ca. 10 Minuten.
Folgende Reflexion schafft Klarheit für das Gespräch:
Sachebene:
- Worum geht es in der Sache? Leistungsbeurteilung, Motivation, Konfliktgespräch…?
- Welche sind die Fakten?
Apellebene:
- Was will ich im Gespräch erreichen?
- Was ist ggf. das Ziel des Gesprächs?
- Was soll der andere mehr / weniger tun?
- Was soll er versuchen? Was soll er lassen?
Beziehungsebene
- Wie sehe ich den Mitarbeitenden?
- Nehme ich ihn ausreichend wahr?
- Was weiß ich über ihn? Wie lebt er? Was beschäftigt ihn aktuell? Was mag er?
- Worin nehme ich seine Stärken und Ressourcen in Bezug zu mir / zum Team wahr?
- Wie sehe ich unsere Beziehung zueinander?
- Was könnte unsere Beziehung ggf. verbessern und stärken?
- Wie zufrieden bin ich mit der Beziehung? Welche Störungen gibt es?
Wichtig: Die Beziehungsebene kann auch vom Mitarbeitenden, sollte in der Regel aber von der Führungskraft erstmalig thematisiert werden, da sich die Führungskraft sonst in die Enge getrieben fühlen kann oder überrascht wird. In sehr offen miteinander agierenden Teams spielt es keine Rolle, von wem die Beziehungsebene zuerst angesprochen wird.
Für Führungskräfte: Wir alle wollen gesehen und wahrgenommen werden. Wir wünschen uns Zugehörigkeit und Anerkennung. Ein Gespräch über die Beziehung zueinander setzt manchmal Ressourcen frei, gibt Sicherheit oder klärt.
Selbstkundgabe:
- Wie fühle ich mich gerade?
- Was zeige ich von mir?
- Was freut mich und was ärgert mich?
- Was enttäuscht mich ggf.?
Diese Vorbereitung ist nicht zu unterschätzen. Sie bringt innere und im Gespräch äußere Klarheit und kann die Arbeitsbeziehungen festigen. Insbesondere das Gespräch über die Beziehung zueinander sollte nicht monatlich, sondern besser anlassbezogen geführt werde. Mindestens einmal im Jahr sollte die Arbeitsbeziehung Thema sein.
Einsatzbeispiel 2 als Meta-Reflexion nach einer Teambesprechung:
Vorbereitung: Das Quadrat auf dem Flip oder am Whiteboard aufmalen.
Bei Onlin-Meetings: einmal vorab als Unterlage per Email versenden.
Bei erstmaliger Nutzung oder bei neuen Teammitgliedern erfolgt eine kurze Einführung durch den Moderator.
Sachebene:
- Wie waren die Themen heute?
- Was kam zu kurz? Was war zu lang / überflüssig?
- Wie war die Agenda, das Zeitmanagement, der Raum?
Appellebene:
- Welche Appelle / Aufträge hat das Team gehört? Von wem?
- Gibt es diesbezüglich Störungen oder Fragen?
Beziehungsebene
- Wie sind wir heute miteinander umgegangen?
- Wo gab es Störungen? Wo waren Konflikte spürbar?
- Was war sehr positiv und wertschätzend ?
- Was wünschen wir uns voneinander / vom Moderator / von einem Teammitglied für das nächste Meeting?
Selbstkundgabe:
- Wie habe ich mich heute im Meeting gefühlt und warum?
- Wurden meine Beiträge ausreichend gehört und berücksichtigt?
- Was wünsche ich mir beim nächsten Meeting / von den anderen / von der Führungskraft?
Regelmäßig durchgeführt entwickelt das Team Offenheit und spricht Angenehmes und Unangenehmes offen aus. Probieren Sie es aus! Sie werden auf jeden Fall bei regelmäßiger Nutzung über einen längeren Zeitraum profitieren.
Quelle: Bild und Beschreibung nach Schulz von Thun.Foto im Teaser: Pixabay
Übungen, Beispiele, Fragen und Textergänzungen Kathrin Rehbein.
Versuchen Sie es mal. Es funktioniert.
Ihre Kathrin Rehbein
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